Discussion:
Abfindung und Mehrwertsteuer
(zu alt für eine Antwort)
Harald Friis
vor 17 Jahren
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Hallo,

gegeben sei folgender Fall: ein freier Mitarbeiter arbeitet für einen
Auftraggeber, stellt dafür monatlich eine Rechnung. Abgerechnet wird
auf Stundenbasis. Umsatzsteuer wird berechnet.

Nunmehr wird dieses Auftragsverhältnis gekündigt, der freie Mitarbeiter
erhält eine "Abfindung". Damit soll sicher gestellt werden, dass der
freie Mitarbeiter keine Statusfeststellung bzw. Kündigungsschutzklage
erhebt mit dem Ziel, nicht mehr als selbständig, sondern als
Arbeitnehmer behandelt zu werden.

Der Mitarbeiter bekommt also eine Summe Geldes, dafür sind alle
weitergehenden Ansprüche abgegolten.

Wie wird das denn steuerlich behandelt bzw. verbucht? Es wird ja keine
Leistung erbracht. IMHO kann deshalb auch keine Umsatzsteuer erhoben
werden. Man könnte es ja als "Schadenersatz" deklarieren, dann entfällt
auch die ESt. ;-).

Nein, ernsthaft. Wie geht man steuerlich korrekt mit dieser Summe um?
Danke für Hinweise.

Gruß

Harald Friis
Matthias Hanft
vor 17 Jahren
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Post by Harald Friis
Wie wird das denn steuerlich behandelt bzw. verbucht? Es wird ja keine
Leistung erbracht. IMHO kann deshalb auch keine Umsatzsteuer erhoben
werden. Man könnte es ja als "Schadenersatz" deklarieren, dann entfällt
auch die ESt. ;-).
Nachdem ja inzwischen sogar schon versehentliche Überzahlungen
eines Kunden USt-pflichtig sind, obwohl dafür auch keine Leistung
erbracht wurde ( http://www.bfhurteile.de/VR1105.htm ), vermute
ich, daß diese "Abfindung" analog dazu als (USt-pflichtiges)
weiteres Entgelt für die erbrachte Leistung gewertet wird. Denn
ohne daß der freie Mitarbeiter seine Leistung erbracht hätte,
hätte er auch diese Abfindung nicht gekriegt -> Gesamtentgelt
ist als eine Summe für diese Leistung aufzufassen.

So würde jedenfalls ich argumentieren, wenn ich ein Finanzamt
wäre :-)

Gruß Matthias.
Hans-Gerhard Scholz
vor 17 Jahren
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Was würdest Du davon halten: Du stellst der Firma eine Rechnung über
den Abfindungsbetrag *zuzüglich* Umsatzsteuer. Schließlich brauchst Du
ja für Deine Buchhaltung ja auch einen Beleg. Die Firma kann die
Umsatzsteuer wieder als Vorsteuer verrechnen und hat dadurch keinen
Nachteil. Du auch nicht, denn Du führst den Umsatzsteuerbetrag an das
FA ab und Dir bleibt der "echte" Abfindungsbetrag.
Alexander Schröder
vor 17 Jahren
Permalink
...
Ich sehe die Analogie so nicht. In Deinem Vergleichsfall unterliegt die
Überzahlung der Umsatzsteuer, da sie für eine umsatzsteuerbare Leistung
gezahlt wird, allerdings unbeabsichtigt.

Bei Haralds Frage liegt die Sache anders. Dort wird eine Zahlung als
Abfindung vereinbart. Ich sehe wie Harald keine Leistung, für die die
Abfindung Entgelt sein könnte. Umsatzsteuerbarkeit läge vor, wenn das
Entgelt für aufgrund der Kündigung nicht mehr erbrachte künftige
Tätigkeiten gezahlt würde. Hier wird aber gezahlt, damit der
Freiberufler nicht versucht, Arbeitnehmerrechte einzuklagen.

Alex
Frank
vor 17 Jahren
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...
ich sehe hier auch keine selbständige sondern eine unselbständige
Tätigkeit. Schau mal in die UStR
Harald Friis
vor 17 Jahren
Permalink
...
Okay, ich kann mir die Antwort aussuchen, ist ja alles vertreten ;-)

Unabhängig von der Frage, ob überhaupt eine Selbständigkeit vorliegt
(das ist zumindest sehr fraglich), sehe ich bei dieser einen Zahlung
zwei Schwierigkeiten:

Wenn Matthias mit seinem Link auf das BFH-Urteil recht hat, müsste der
Scheinselbständige eine Rechnung schreiben. Ansonsten kann der
Auftraggeber keine USt bezahlen. Was aber sollte auf dieser Rechnung
stehen? Für besondere Leistungen in der Zeit vom 1. Januar morgens bis
zum 1. Januar abends berechne ich Ihnen xx.xxx Euro? Da drängt sich
doch auf, dass die Leistung schon in vorherigen Steuerjahren erbracht
wurde und auch entsprechend hätte gebucht werden müssen. Der
Scheinselbständige muss seit 3 Jahren bilanzieren. Vorher - als 4/3er -
wäre es vielleicht weniger problematisch gewesen.

Im anderen - für mich wahrscheinlicheren - Fall, dass einfach eine
Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Vorliegen einer
konkreten Gegenleistung geleistet wird, ist dies m.E. nicht steuerbar.
Wenn allerdings der Fiskus sich der Meinung von Alex und mir nicht
anschließt, droht eine Nachforderung von USt., obwohl tatsächlich keine
geflossen ist.

Wie könnte man diese Risiken minimieren?

Gruß

Harald Friis
Alexander Schröder
vor 17 Jahren
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Post by Harald Friis
Im anderen - für mich wahrscheinlicheren - Fall, dass einfach eine
Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Vorliegen einer
konkreten Gegenleistung geleistet wird, ist dies m.E. nicht steuerbar.
Wenn allerdings der Fiskus sich der Meinung von Alex und mir nicht
anschließt, droht eine Nachforderung von USt., obwohl tatsächlich keine
geflossen ist.
Wenn der Zahlungsempfänger nicht Kleinunternehmer gewesen ist, könnte
man das Risiko der Nachforderung durch eine Steuerklausel mindern.

Alex
Harald Friis
vor 17 Jahren
Permalink
"Alexander Schr�der" <***@gmx.net> schrieb im Newsbeitrag news:gie7s8$rum$***@newsreader2.netcologne.de...

Hallo Alex,
...
meinst du mit Steuerklausel, es wird eine Formulierung im Vertrag
aufgenommen, dass bei einer Nachforderung des Fiskus auch die USt.
nachentrichtet wird?

Gruß

Harald Friis
Rainer Dahnke
vor 17 Jahren
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Post by Harald Friis
Nunmehr wird dieses Auftragsverhältnis gekündigt, der freie Mitarbeiter
erhält eine "Abfindung". Damit soll sicher gestellt werden, dass der
freie Mitarbeiter keine Statusfeststellung bzw. Kündigungsschutzklage
erhebt mit dem Ziel, nicht mehr als selbständig, sondern als
Arbeitnehmer behandelt zu werden.
Gerade dann würde ich keine Abfindung bezahlen, das ist unüblich eine
Abfindung an einen freien Mitarbeiter zu zahlen.

Abfindungen beenden eben normalerweise ein Arbeitsverhältnis.

Ich bin da aber auch kein Experte, aus dem Bauch heraus würde
ich das aber nicht machen.

Grüße
Rainer
Carsten Wegner
vor 17 Jahren
Permalink
Hallo Harald,
Post by Harald Friis
Nunmehr wird dieses Auftragsverhältnis gekündigt, der freie Mitarbeiter
erhält eine "Abfindung". Damit soll sicher gestellt werden, dass der
freie Mitarbeiter keine Statusfeststellung bzw. Kündigungsschutzklage
erhebt mit dem Ziel, nicht mehr als selbständig, sondern als
Arbeitnehmer behandelt zu werden.
Vorsicht! Eine solche Abfindung könnte schon fast als Anerkenntnis einer
Arbeitnehmerschaft aufgefasst werden. Bei der nächsten Betriebsprüfung
wird das Finanzamt zumindest auf dieses Indiz fliegen. Im schlimmsten
Fall sehen FA und DRV den Freien als Arbeitnehmer an und fordern
Sozialabgaben nach - bis zu 4 Jahre zurück.

Die Angelegenheit ist vor allem dann kritisch, wenn der Vertrag über
eine Abfindung jetzt erst geschlossen wird.
Post by Harald Friis
Wie wird das denn steuerlich behandelt bzw. verbucht? Es wird ja keine
Leistung erbracht. IMHO kann deshalb auch keine Umsatzsteuer erhoben
werden.
Abgesehen von obiger Warnung könnte es sich um eine versteckte
Honorarerhöhung für die vergangenen Jahre handeln und somit
umsatzsteuerpflichtig sein.

Viele Grüße
Carsten
--
Carsten Wegner, www.steuer-schutzbrief.de
Harald Friis
vor 17 Jahren
Permalink
"Carsten Wegner" <***@steuer-schutzbrief.de> schrieb im Newsbeitrag news:gidmri$msb$02$***@news.t-online.com...

Hallo Carsten,
Post by Carsten Wegner
Vorsicht! Eine solche Abfindung könnte schon fast als
Anerkenntnis einer Arbeitnehmerschaft aufgefasst werden. Bei
der nächsten Betriebsprüfung wird das Finanzamt zumindest auf
dieses Indiz fliegen. Im schlimmsten Fall sehen FA und DRV den
Freien als Arbeitnehmer an und fordern Sozialabgaben nach - bis
zu 4 Jahre zurück.
danke für den Hinweis, aber SV wird bezahlt. Insofern ergibt sich diese
Gefahr nicht.
Post by Carsten Wegner
Abgesehen von obiger Warnung könnte es sich um eine versteckte
Honorarerhöhung für die vergangenen Jahre handeln und somit
umsatzsteuerpflichtig sein.
Genau das sehe ich als das Risiko - siehe andere Postings.

Gruß

Harald Friis
Frank
vor 17 Jahren
Permalink
Post by Harald Friis
Hallo Carsten,
Post by Carsten Wegner
Vorsicht! Eine solche Abfindung könnte schon fast als
Anerkenntnis einer Arbeitnehmerschaft aufgefasst werden. Bei
der nächsten Betriebsprüfung wird das Finanzamt zumindest auf
dieses Indiz fliegen. Im schlimmsten Fall sehen FA und DRV den
Freien als Arbeitnehmer an und fordern Sozialabgaben nach - bis
zu 4 Jahre zurück.
danke für den Hinweis, aber SV wird bezahlt. Insofern ergibt sich diese
Gefahr nicht.
lol, als ob es darauf ankommt, dann würde ja jeder keine SV zahlen und
sagen es ist ja nicht SV-Abgaben pflichtig, weil keine bezahlt werden
Harald Friis
vor 17 Jahren
Permalink
"Frank" <***@web.de> schrieb im Newsbeitrag news:gil5le$bm2$***@online.de...


Hallo,
...
es ist zwar vielleicht cool, seinen Namen nicht preis zu geben. Nicht
lesen können ist aber ziemlich uncool.

Merke:

"SV wird bezahlt" =|= "keine SV zahlen".

Gruß

Harald Friis

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